Strategie

CSRD 2026 (oder doch 2027?): Pflicht oder Chance?

Warum HR jetzt handeln muss

Neulich habe ich in einem LinkedIn-Podcast wieder über die CSRD gehört – die neue Corporate Sustainability Reporting Directive. Fast die ganze Diskussion drehte sich um Finanzkennzahlen und Berichtsstandards. Doch kaum jemand sprach darüber, wie stark HR betroffen ist.

Und genau hier liegt die eigentliche Chance: Ohne HR-Daten kein vollständiger CSRD-Report. Wer jetzt nicht handelt, riskiert nicht nur Stress, sondern auch finanzielle Sanktionen und Reputationsverluste.


Was steckt hinter CSRD?

Die CSRD verpflichtet Unternehmen in Europa, künftig einen detaillierten Nachhaltigkeitsbericht vorzulegen. Ziel ist es, Nachhaltigkeit so messbar zu machen wie Finanzen – mit klaren, vergleichbaren Kennzahlen.

Betroffen sind Unternehmen, die mindestens 2 der 3 Kriterien erfüllen:

  • mehr als 250 Mitarbeitende,
  • mehr als 40 Mio. € Umsatz,
  • mehr als 20 Mio. € Bilanzsumme.

Bisher waren nur sehr große, börsennotierte Unternehmen unter der alten NFRD berichtspflichtig. Mit CSRD weitet sich der Kreis massiv aus – auch auf viele Mittelständler.rloren.


Wer muss wann berichten? – Die neue Timeline

Durch das Omnibus-Gesetz („Stop-the-Clock“) der EU haben sich die Fristen teilweise verschoben:

  • Ab Geschäftsjahr 2024 (Berichte 2025):
    Börsennotierte Großunternehmen, die schon nach NFRD berichtspflichtig waren.
  • Ab Geschäftsjahr 2025 (ursprünglich Berichte 2026, jetzt verschoben):
    Alle anderen großen Unternehmen (≥ 250 Mitarbeitende, Umsatz/Bilanzgrenze).
    ➝ Neu: Start erst 2027, erste Berichte 2028.
  • Ab Geschäftsjahr 2026 (Berichte 2027):
    Börsennotierte KMU (außer Kleinstunternehmen). Sie haben vereinfachte Standards und können ein Opt-out bis 2028 nutzen.
  • Ab Geschäftsjahr 2028 (Berichte 2029):
    Nicht-EU-Unternehmen mit >150 Mio. € Umsatz in der EU und einer Tochtergesellschaft oder Zweigniederlassung hier.

👉 Für viele Mittelständler bedeutet das: zwei Jahre mehr Vorbereitungszeit.


Warum HR eine Schlüsselrolle spielt

Meist denkt man bei CSRD an CO₂-Bilanzen oder Energieverbräuche. Aber: Im „Social“-Block steckt der größte HR-Anteil.

Relevante HR-Kennzahlen sind u. a.:

  • Diversity & Equal Pay (z. B. Gender-Pay-Gap in Deutschland: aktuell ca. 18 % laut Statistisches Bundesamt)
  • Weiterbildung & Future Skills (Trainingsstunden pro Mitarbeitendem, Qualifizierungsbudgets)
  • Mitarbeiterbindung & Fluktuation (Retention Rate, Kündigungsgründe, interne Mobilität)
  • Gesundheit & Wellbeing (Krankheitstage, Burnout-Prävention, Angebote zur mentalen Gesundheit)

Diese Daten sind nicht nur „nice to have“, sondern prüfungsrelevant. Unternehmen, die diese Kennzahlen nicht sauber liefern können, gefährden ihre Glaubwürdigkeit gegenüber Investoren, Kunden und Talenten.


Die größten Herausforderungen

Viele HR-Abteilungen stehen vor ähnlichen Problemen:

Schnittstellenprobleme: HR, Controlling und Nachhaltigkeit sprechen oft unterschiedliche Sprachen.

Datenqualität: Vieles liegt noch in Excel oder in isolierten Tools.

CSRD als Chance für HR

Klingt nach Bürokratie? Ja. Aber auch nach einer echten Gelegenheit.

  • Strategische Sichtbarkeit
    HR-Daten rutschen automatisch in die Chefetage – im geprüften Nachhaltigkeitsbericht.
  • Wertbeitrag zeigen
    Retention, Weiterbildung, Diversity – endlich können wir belegen, was HR für den Unternehmenserfolg leistet.
  • Modernisierungsschub
    Die Pflicht zum Reporting zwingt zu saubereren Prozessen und moderneren HR-Systemen.

Best Cases: Wenn KI Menschlichkeit verstärkt

KI im Recruiting ist nicht per se schlecht – es kommt auf den Einsatz an. Beispiele aus der Praxis:

  • Chatbots für Bewerberfragen, die rund um die Uhr verfügbar sind.
  • Matching-Algorithmen, die Potenziale erkennen statt nur Keywords.
  • Automatisierte Feedback-Tools, die Bewerbenden Wertschätzung geben.

5 Schritte, wie HR jetzt starten sollte

  • Ist-Analyse
    Welche HR-Daten haben wir schon? Wo gibt es Lücken?
  • Standards festlegen
    Definitionen für Kennzahlen wie Fluktuation, Krankheitstage, Gender-Pay-Gap.
  • Systeme aufräumen
    Excel ablösen, konsistente Datenhaltung schaffen, Audit-Sicherheit herstellen.
  • Pilot-Reporting 2025
    Schon einen Testbericht intern erstellen, bevor es Pflicht wird.
  • Stakeholder einbinden
    HR, Controlling, Nachhaltigkeit und Geschäftsführung gemeinsam ins Boot holen. und Fairness – und sind für KMUs eine echte Alternative zu internationalen Anbietern.

Praxisbeispiel: Gender-Pay-Gap sichtbar machen

Eine HR-Abteilung nutzt 2025 die Zeit für ein erstes internes Pilot-Reporting. Dabei werden die Gehälter systematisch nach Geschlecht verglichen. Das Ergebnis: In einer Abteilung liegt die Differenz bei 12 %. Dieses Pilot-Reporting wird zur Grundlage für eine konkrete Maßnahme – die Geschäftsführung beschließt, ein Programm zur Gehaltsangleichung einzuleiten und das Thema aktiv im Nachhaltigkeitsbericht aufzugreifen.

Plötzlich wird aus einer abstrakten Kennzahl ein greifbares Handlungsfeld, das direkt zur Arbeitgeberattraktivität und zur Glaubwürdigkeit des Unternehmens beiträgt.


Fazit: Pflicht oder Chance?

Die CSRD kommt – wenn auch mit etwas Verzögerung. Ob wir sie als bürokratische Last oder als Hebel für HR-Transformation sehen, liegt an uns.

Für HR ist es die Chance, zu zeigen:

  • Wir liefern nicht nur Daten, sondern tragen direkt zum Unternehmenserfolg bei.
  • Wir sind nicht Kostenstelle, sondern strategischer Partner.
  • Wir machen Unternehmen auch als Arbeitgeber attraktiver – durch Transparenz und klare Kennzahlen.

Mein Appell: Lasst uns die Extrazeit durch das Omnibus-Gesetz nutzen – nicht um uns zurückzulehnen, sondern um HR-Daten sauber aufzusetzen und CSRD zu unserem Hebel für mehr Sichtbarkeit zu machen.