Recruiting

Probearbeiten – wie wir echte Talente erkennen, bevor wir sie einstellen

Warum wir bei Einstellungen auf echtes Erleben setzen

Lebensläufe sind oft glatt gebügelt. Vorstellungsgespräche gut vorbereitet. Aber die entscheidende Frage bleibt offen: Wie arbeitet dieser Mensch wirklich – und passt er zu uns?

Gerade in der IT, wo Teamdynamik, Denkgeschwindigkeit und technische Neugier entscheidend sind, reichen klassische Bewerbungsformate nicht mehr aus. Deshalb ist das Probearbeiten für uns ein zentrales Instrument im Recruitingprozess – transparent, praxisnah und auf Augenhöhe.


Vom Kennenlernen zum Erleben – der Mehrwert des Probearbeitens

Unser Ziel im Recruiting ist nicht, jemanden „abzuklopfen“, sondern gemeinsam zu prüfen, ob Zusammenarbeit Sinn ergibt. Das Probearbeiten erlaubt beiden Seiten, sich authentisch zu begegnen – jenseits der klassischen Bewerbungsrolle.

Besonders in der Softwareentwicklung setzen wir auf ein zweistündiges Pair Programming mit zwei erfahrenen Entwicklern aus unserem Team. Gemeinsam wird an einem überschaubaren Code Kata gearbeitet – mit Fokus auf:

  • Denkweise und Problemlösungsverhalten
  • Kommunikationsstil
  • Umgang mit Feedback und Fragen
  • Interaktion im Teamkontext

Nicht die Programmiersprache oder Code-Perfektion stehen im Vordergrund – sondern die Art, wie jemand denkt, zuhört und Lösungen entwickelt.


Anekdote: Der Bewerber, der zu viel übernahm
Manche Szenen prägen sich ein.
Ein Kandidat übernahm beim Pair Programming sofort das Ruder – hörte kaum zu, gab kaum Raum für Zusammenarbeit. Fachlich stark, menschlich schwierig. Die klare Rückmeldung des Teams: Nein, danke. Diese Erkenntnis hätten wir aus keinem CV und keinem Gespräch gewonnen – aber in zwei Stunden echter Interaktion war alles klar.


Persönliche Atmosphäre – kein Testlabor

Das Probearbeiten findet idealerweise vor Ort statt – in einer offenen, kollegialen Umgebung. Dabei ist uns wichtig:

  • Der Bewerber ist aktiv eingebunden (als „Driver“ im Pair Programming)
  • Es herrscht keine Prüfungssituation, sondern ein echter Dialog
  • Fragen, Improvisation und Humor sind ausdrücklich erlaubt

Diese persönliche Nähe führt oft zu mehr Klarheit als zwei strukturierte Gespräche.

Und genau darum geht es: um gegenseitiges Verstehen – nicht um Beweisführung.

Aufwand vs. Nutzen – gerade für KMUs ein Gewinn

Das Probearbeiten dauert in der Regel nicht mehr als zwei Stunden – mit geringer Vorbereitung für das Team.

Und doch spart es im Zweifel Wochen an Einarbeitungszeit und hohe Kosten für mögliche Fehlbesetzungen.

Gerade für KMUs mit begrenzten Ressourcen ist das ein überzeugendes Verhältnis aus Aufwand und Wirkung.


Remote-Alternative für Bewerber auf Distanz

Nicht jeder Bewerber kann spontan vor Ort erscheinen – etwa wegen Entfernung oder aktueller Verpflichtungen.

Daher bieten wir bei Bedarf ein Remote-Pair-Programming per Videocall und Bildschirmfreigabe an. Auch auf Distanz lassen sich Denkweise, Kommunikation und Teamfit gut beurteilen. Jedoch sehr ungern und nur wenn der Bewerber sehr langen Anfahrtsweg hat oder persönliche Dinge dagegen sprechen. Denn das Face to Face ist meiner Meinung nach durch nichts zu ersetzen.


Sicherheit & Vertraulichkeit: rechtlich sauber gelöst

Da beim Probearbeiten teilweise mit echten Systemen oder Abläufen gearbeitet wird, sichern wir uns und den Bewerber rechtlich ab:

Vorab wird eine Verschwiegenheitserklärung (NDA) unterzeichnet.

So schützen wir sensible Informationen – und ermöglichen gleichzeitig Einblicke in echte Arbeitsrealität.


Klare Entscheidungsfindung – mit Teamrückmeldung

Nach der Session nehmen sich die beteiligten Entwickler bewusst Zeit zur Reflexion. Die zentrale Frage lautet:

„Könnt ihr euch vorstellen, mit dieser Person zusammenzuarbeiten?“

Nicht Einzelergebnisse zählen – sondern ein fundierter Gesamteindruck aus Teamdynamik, Arbeitsweise und Auftreten.
Bei positiver Rückmeldung folgt ein finales Gespräch mit HR oder Geschäftsleitung – inklusive individuell angepasstem Vertragsangebot.


Probearbeiten als Chance – für beide Seiten

Auch Bewerber*innen nehmen aus dem Probearbeiten viel mit: Einblick in die Unternehmenskultur, Arbeitsweise, Menschen.

Wir geben nach jeder Session ein wertschätzendes, ehrliches Kurzfeedback – unabhängig vom weiteren Verlauf.

Das wird regelmäßig positiv hervorgehoben – selbst bei Bewerbungen, die nicht zum Abschluss führen.


Der Prozess lebt – und entwickelt sich weiter

Unser Probearbeiten ist kein starres Format. Wir haben es über die Jahre weiterentwickelt:

  • Aufgaben verkürzt und vereinfacht
  • Beobachtungsleitfäden präzisiert
  • Nachbereitung im Team strukturiert
  • Remote-Varianten integriert

So bleibt es aktuell, effizient und anschlussfähig – auch für neue Rollen oder veränderte Rahmenbedingungen.


Fazit

Probearbeiten ist für uns kein Test, sondern ein ehrliches Miteinander auf Probe. Es schützt beide Seiten vor falschen Erwartungen – und ist besonders für KMUs ein hocheffektives Instrument, um mit begrenztem Aufwand die richtige Entscheidung zu treffen.