
Mitarbeiterbewertung in KMU – Struktur, Transparenz und Menschlichkeit.
Für wen ist eine vertikale Karriere überhaupt geeignet?
In einem wachsenden, dynamischen Unternehmen wird es zunehmend schwieriger, die Fähigkeiten und Entwicklungspotenziale der Mitarbeitenden objektiv zu beurteilen. Gleichzeitig ist genau das essenziell – für Personalentwicklung, Projektbesetzungen und faire Gehaltsentscheidungen. Deshalb haben wir ein mehrstufiges Bewertungssystem eingeführt, das Fachlichkeit, Selbstbild und soziale Komponenten berücksichtigt – und dabei nie den Menschen aus dem Blick verliert.
Dreistufiges Bewertungssystem – mit 360°-Perspektive
Die Bewertung jedes Mitarbeitenden erfolgt auf drei Ebenen:
- Selbsteinschätzung: Jede Person bewertet sich selbst anhand einer definierten Skillmatrix – passend zur eigenen Einstufung (Junior, Regular, Senior, Master, Experte). So entsteht ein realistisches Selbstbild.
- Fremdeinschätzung durch den Fachbereichsleiter: Die Führungskraft gibt eine fundierte Einschätzung ab – auf Basis der beobachteten Leistung, fachlichen Qualität und Zusammenarbeit im Alltag.
- (Optionale) Peer- und Kundenbewertung: Kollegen konnten anonym Rückmeldung geben, ebenso in manchen Teams auch externe Kunden – ein wertvoller Zusatz, besonders bei längerfristiger Zusammenarbeit.
Das Ergebnis war ein differenziertes Kompetenzprofil. Besonders aufschlussreich: Der Vergleich von Selbstbild (Eigen-Istwert) und Fremdbild (Leitungs-Istwert). Große Abweichungen waren Anlass für vertiefte Gespräche – nicht als Kritik, sondern als gemeinsame Standortbestimmung.
Wie oft – und mit welchem Ziel?
Die Bewertungen erfolgten halbjährlich im Rahmen unserer Mitarbeiter- und Entwicklungsgespräche. Ziel war nicht nur eine einmalige Rückmeldung, sondern ein kontinuierlicher Dialog über Entwicklung, Leistung und Perspektiven.
Umgang mit Abweichungen – Feedback als Chance
Besonders interessant war der Abgleich von Selbst- und Fremdbild. Große Abweichungen zwischen dem Eigen-Istwert und der Führungseinschätzung waren kein Anlass zur Kritik, sondern Einladung zum Gespräch. In moderierten Feedbackrunden haben wir diese Unterschiede reflektiert und gemeinsam Entwicklungsfelder identifiziert – mit dem Ziel, Selbsterkenntnis zu fördern und gezielte Förderung möglich zu machen.
Freiwilligkeit & Vertrauen im Peer- und Kundenfeedback
Das optionale Peer-Feedback war anonym, freiwillig und aggregiert ausgewertet. Es wurde nie als Einzelfeedback kommuniziert, sondern als ergänzende Perspektive – besonders hilfreich, wenn jemand teamübergreifend gearbeitet hatte. Auch Kundenfeedback wurde nur eingebunden, wenn ein entsprechender Kontext vorhanden war (z. B. langfristige Projektarbeit).
Zielwerte und Entwicklungsperspektive sichtbar machen
Für jede Karrierestufe und jeden Skill gab es einen Sollwert. Daraus ergab sich ein klarer Entwicklungsfahrplan:
- Welche Skills fehlen noch, um in die nächste Stufe aufzusteigen?
- Wo ist jemand bereits stärker als seine aktuelle Einstufung vermuten lässt?
Diese Transparenz war für Mitarbeitende wie Führungskräfte ein Gewinn. Jeder konnte nachvollziehen, wo er steht, wohin es hingehen kann – und was dafür nötig ist.
Projektbesetzungen und Skilldatenbank
Durch die systematische Erhebung wurde es möglich, gezielt nach passenden Projektmitarbeitenden zu suchen:
- Wer bringt die nötigen Tech-Skills mit?
- Wer hat bereits Erfahrung mit bestimmten Kunden oder Technologien?
- Wo finden wir Experten für Nischenbereiche?
Die Skilldatenbank entwickelte sich so zu einem echten Steuerungstool für die operative Projektplanung.
Technisches Assessment durch Coding Tools
Basierend auf Erfahrungen mit Kundenprojekten haben wir zusätzlich ein Tool zur technischen Überprüfung eingeführt. Mithilfe von Coding-Tests, die zeitlich begrenzte Aufgaben aus unserem Techstack enthielten, konnten wir:
- Bewerber im Recruiting objektiv auf technisches Niveau prüfen
- Mitarbeitende gezielt auf Stärken und Entwicklungspotenzial in bestimmten Technologien hin testen
Die Ergebnisse flossen nicht isoliert, sondern als Ergänzung in die Gesamtbewertung ein – als faktenbasierte Ergänzung zum persönlichen Eindruck.
Technische Umsetzung – Skillmanagement in rexx
Für die Durchführung und Auswertung nutzten wir gezielt Funktionen aus unserem HR-System rexx:
- Skillprofile waren für jede Rolle im System hinterlegt
- Gesprächsbögen konnten digital verschickt und ausgefüllt werden – für Selbst- und Fremdeinschätzung
- Die Auswertung erfolgte individuell, karrierestufenbezogen und auf Wunsch auch projektorientiert
So war es möglich, schnell einen Überblick über Stärken, Entwicklungspotenziale oder konkrete Projekt-Passungen zu gewinnen – mit minimalem administrativem Aufwand und maximaler Transparenz.


Bewertung als Gesprächsgrundlage – nicht als Urteil
Die Beurteilungen, ergänzt durch ggf. technische Tests, dienten uns als wertvolle Grundlage für Mitarbeiter- und Gehaltsgespräche – nie als alleiniges Urteil. Denn eines war uns klar:
- Eine Matrix kann nicht abbilden, wer mit wem gut performt.
- Keine Zahl beschreibt, wie ein Mensch im Team wirkt.
- Keine Bewertung ersetzt echtes Interesse am Menschen.
Führung auf Augenhöhe – als Kulturentscheidung
Deshalb war das persönliche Wissen über unsere Kolleginnen und Kollegen essenziell – ihre Stärken, Eigenheiten, familiären Belastungen oder gesundheitlichen Themen. Nur wer sich wirklich interessiert, kann ein Team sinnvoll zusammensetzen.
Wie genau wir Projektteams nach menschlichen, sozialen und fachlichen Gesichtspunkten zusammensetzen, beschreibe ich in einem eigenen Beitrag – inklusive Beispielen aus dem Alltag.
Das bedeutete für uns: Raus aus dem Büro, rein ins Team. Fragen, zuhören, begleiten – nicht von oben herab, sondern auf Augenhöhe. Wir wollten zeigen:
Für Entwickler kamen darüber hinaus Spezialisierungen hinzu, etwa in den Bereichen:
- Du bist wichtig.
- Wir sehen dich.
- Wir wollen dich entwickeln – nicht bewerten.
Diese Haltung war entscheidend für die Akzeptanz des Systems – und für eine Kultur, in der Leistung und Menschlichkeit kein Widerspruch sind.
Fazit
Wer Menschen entwickeln will, muss sie zuerst sehen.
Bewertungen sind mehr als Zahlen. Sie sind Gespräche, Perspektiven und manchmal auch Aha-Momente. Wenn wir den Menschen hinter der Leistung ernst nehmen, entsteht Entwicklung, die mehr ist als ein Karriereschritt – nämlich Wachstum mit Sinn.

